Mit dem Neubau des Hallenbads Zuffenhausen setzte die Landeshauptstadt Stuttgart gezielt auf eine modellbasierte Planungsmethodik, um zentrale Anforderungen an Kostenstabilität, Terminverlässlichkeit und Planungsqualität bereits in frühen Projektphasen strukturiert zu adressieren.
Durch den Einsatz der BIM-Methode sollten darüber hinaus die Koordination der Fachgewerke verbessert, die kommunikativen Schnittstellen zwischen den Beteiligten optimiert sowie energetische Aspekte frühzeitig simuliert und berücksichtigt werden. Das daraus entstehende As-built-Modell soll künftig auch im Facility Management Anwendung finden – flankiert durch den Aufbau interner Kompetenzen und Erfahrungen für weitere städtische Bauprojekte.
Das Tragwerksplanungsteam von Schneck Schaal Braun (SSB) war frühzeitig in die strukturierte BIM-Gesamtstrategie eingebunden und verantwortete die modellbasierte Bearbeitung sämtlicher tragwerksrelevanter Inhalte – von der frühen Entwurfsplanung bis zur ausgereiften Ausführungsdetaillierung auf Basis eines LOD 300-Fachmodells. Dabei kamen bewährte interne Strukturen, eigene Werkzeuge zur Attributverwaltung sowie eine präzise, modellbasierte Herangehensweise zur Anwendung, die auf eine langjährige Erfahrung in der digitalen Tragwerksplanung zurückgreift.
Strukturierter Planungsprozess – vom IFC-Testmodell bis zur Bewehrung am Modell
1. Projektinitialisierung mit Testmodell und AIA
Der BIM-Prozess wurde eingeleitet durch den Austausch eines IFC4-basierten Testmodells auf der zentralen CDE (common data environment)-Plattform Winplan. Ziel war die Erprobung von Koordinationsroutinen, Dateistrukturen und der interdisziplinären Zusammenarbeit. Bereits in dieser frühen Phase konnte SSB seine Kompetenz im Umgang mit komplexen Datenschnittstellen und strukturierten Austauschprozessen einbringen.
Mit den Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) als strategisches Grundlagendokument formulierte der Bauherr die Anforderungen. Die Inhalte der AIA wurden in einem projektspezifischen BIM-Abwicklungsplan (BAP) konkretisiert, der durch die BIM-Gesamtkoordinatorin Mariel Gutierrez, im Auftrag von Behnisch Architekten, erstellt und fortgeschrieben wurde. Dort wurden u. a. folgende Anwendungsfälle für das Gesamtprojekt definiert: 3D-Modellerstellung und Attributmanagement, modellbasierte Mengenermittlung, 3D-Koordination sowie modellbasierte Planableitung.
2. Informationsstrukturierung durch die MEM
Parallel zum BAP wurde eine Modell-Element-Matrix (MEM) auf Basis der Vorlage der Stadt Stuttgart ergänzt, welche die bauteilbezogenen Anforderungen an Geometrie, Attribuierung und Informationsumfang für alle Fachdisziplinen verbindlich vorgibt.
Für das Teilmodell Tragwerk bedeutete dies u. a. die strukturierte Erfassung von:
> Geometrien gemäß LOD-Anforderungen
> Tragverhalten und statischer Relevanz
> Materialkennwerte
Schneck Schaal Braun setzte hierbei auf eine etablierte Kombination aus systematischer Bauteilstrukturierung, Attribuierung nach MEM und der sauberen Trennung informations- und geometriebezogener Anforderungen – ein Ansatz, der eine konsistente und auswertbare Modellbasis sicherstellt.
Fachmodellierung mit ALLPLAN – technisch, konsistent und datengetrieben
3. Erstellung des Tragwerksmodells in LOD 200
Bereits in Leistungsphase 3 wurde durch Schneck Schaal Braun ein eigenständiges Tragwerksmodell im LOD 200 entwickelt. Grundlage hierfür war der projektspezifisch angepasste IBD-Assistent von Allplan, welcher eine strukturierte Elementierung nach Bauteilkategorien und typisierten Bauteilparametern ermöglichte. Den Bauteilen wurden die relevanten Attribute hinterlegt und im Planungsprozess fortlaufend vervollständigt.
Um die Anforderungen aus dem AIA und der MEM systematisch zu erfüllen, entwickelte SSB einen projektspezifischen Attribut-Container, mit dem eine kontrollierte, verlustfreie Übertragung der alphanumerischen Informationen in das IFC-Modell realisiert wurde. Diese Methodik hat sich in mehreren Projekten bewährt und ermöglicht eine hohe Verlässlichkeit beim interdisziplinären Datenaustausch.
4. Modellierung komplexer Geometrien
Eine besondere Herausforderung bestand in der Abbildung komplexer und teils mehrdimensional geneigter Bauteile:
> Stützen mit Neigungen in bis zu zwei Raumrichtungen
> Geneigte Trägerachsen und polygonale Wandverläufe
> Umfangreiche Verbaukonstruktionen im Baugrubenbereich
Zur exakten Definition dieser geneigten Bauteile wurde ein 3D-Drahtlinienmodell konstruiert, an welches die Körperbauteile geometrisch präzise referenziert wurden. SSB nutzte hierzu gezielt folgende Werkzeuge:
> Ebenenmanager von ALLPLAN zur Modellorganisation
> Profilbauteil-AddOn von CDS für die Bearbeitung schräg verlaufender Stahlstützen
> SUPPARTS Einbauteile zur Modellierung und Auswertung von allen statisch relevanten Einbauteilen (Isokörbe, Rückbiegeanschlüsse, Dübelleisten ect.)
Zur Modellierung der Baugrube sowie der permanenten und temporären Verbauelemente wurden folgende Tools genutzt:
> CDS-Baugrubenmodul
> Pythonparts
Die geometrische Modellierung erfolgte dabei stets unter Berücksichtigung der späteren Auswertbarkeit und Ableitung. Unsere interne Modelllogik erlaubt eine klare Strukturierung auch bei komplexen Bauteilverläufen – ein zentraler Aspekt für die Qualität der Folgeplanung.
5. Attribuierung und Austausch
Die erzeugten Modelle wurden regelmäßig im IFC4-Format über die CDE-Plattform Winplan bereitgestellt und durch die BIM-Gesamtkoordination Mariel Gutierrez aggregiert und überprüft. Parallel dazu erfolgte eine interne Qualitätssicherung durch den BIM-Fachkoordinator von SSB in Solibri, mit Fokus auf:
> Einhaltung der Attributstandards gemäß MEM
> Kollisionserkennung und Bauteilkohärenz
> Strukturprüfung und Modellkonsistenz
Durch unsere klare interne Prüfstruktur und das Zusammenspiel von Attributmanagement, Kollisionskontrolle und modellbasiertem Export konnten potenzielle Unstimmigkeiten frühzeitig identifiziert und zielgerichtet über BCF-Issues dokumentiert werden. Die Korrekturen flossen jeweils bis zum nächsten Little Data Drop (alle 2 Wochen) in das Modell ein. Mit Abschluss jeder Leistungsphase erfolgte ein qualitätsgesicherter Big Data Drop.
Ausführungsplanung mit dem Modell als Informationsquelle
6. Ableitung im LOD 300
In Leistungsphase 5 wurde das Fachmodell gemäß den Anforderungen der MEM in einem LOD 300 erstellt – mit sämtlichen Einbauteilen, Öffnungen und Durchbrüchen, welche zuvor mit den angrenzenden Gewerken im Rahmen der S+D-Koordination abgestimmt wurden. Schlitz und Durchbrüche wurden als ProvisionForVoid mittels IFC ausgetauscht und abgestimmt. Nach Freigabe konnten diese anschließend übertragen und aus dem Modell ausgestanzt werden.
Darauf basierend wurden alle planungsrelevanten Unterlagen direkt aus dem Modell abgeleitet:
> Schal- und Positionspläne
> Bewehrungspläne mit 3D-Modellbezug
> Detailzeichnungen mit modellbasierten Detailmarkern
Die dafür erforderlichen 2D-Details wurden aus Schnitten des 3D-Modells erzeugt, fachlich geprüft (u. a. hinsichtlich Rand- und Verbindungsmittelabständen) und über Detailmarker im Modell verortet. Diese modellbasierte Detailbearbeitung ist Teil des etablierten modellbasierten Workflows bei Schneck Schaal Braun.
Fazit
Das BIM-Pilotprojekt Hallenbad Zuffenhausen belegt eindrucksvoll, wie sich komplexe Tragwerksplanung, geometrisch anspruchsvolle Bauteile und modellbasierte Informationsverarbeitung erfolgreich integrieren lassen. Durch die konsequente Anwendung der BIM-Methode in Verbindung mit den leistungsfähigen Werkzeugen von ALLPLAN konnte Schneck Schaal Braun einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen digitalen Projektabwicklung leisten – fachlich, technisch und prozessorientiert.




