Reaktivierung der Siemensbahn: KREBS+KIEFER setzt auf ALLPLAN

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BIM Champion 2025 KREBS+KIEFER schöpft beim Projekt „Reaktivierung Siemensbahn“ planerisch aus den Vollen – und nutzt ALLPLAN intensiv als Hilfe zur Selbsthilfe.

Die Siemensbahn erschloss zwischen 1929 und 1980 die Siemensstadt im Osten Spandaus, danach lag sie still – und wurde auch erst einmal nicht unbedingt vermisst. Inzwischen hat sich das jedoch maßgeblich verändert. Ganz Berlin wächst seit 2011 in rasantem Tempo, das einst eher verschlafene Spandau miteingeschlossen. Obendrein plant Siemens, die alte Siemensstadt bis 2030 in einen Innovations- und Wohnstandort – den „Siemensstadt Square“ – zu verwandeln. Aus diesen Gründen soll die viereinhalb Kilometer lange S-Bahnstrecke zwischen Jungfernheide und Gartenfeld nun bis 2029 reaktiviert werden. Für die wegweisende Planung des ersten Bauabschnitts wurde die verantwortliche Ingenieurgemeinschaft Siemensbahn kürzlich von buildingSMART als BIM Champion 2025 ausgezeichnet. Preisträger KREBS+KIEFER gewährt einen Einblick in die ALLPLAN-Tools, die zu dieser Meisterleistung beigetragen haben.

Das Planungsteam für die Reaktivierung der Siemensbahn setzt sich aus KREBS+KIEFER und Sweco sowie den Nachunternehmern ARC-GREENLAB und GI-CONSULT zusammen. KREBS+KIEFER ist im Gesamtprojekt technisch federführend und zugleich mit der Teilprojektleitung Konstruktiver Ingenieurbau (KIB) betraut. Im Rahmen des Großbauvorhabens müssen zahlreiche Ingenieurbauwerke modernisiert und instandgesetzt werden. Im ersten Bauabschnitt betrifft dies die beiden Endbahnhöfe Jungfernheide und Gartenfeld sowie ein 800 Meter langes, denkmalgeschütztes Stahlviadukt. KREBS+KIEFER zeichnet hier unter anderem für die Planung des Viadukts (Abschnitt 1.2) und des Bahnsteigdachs in Gartenfeld verantwortlich.

Innovative Planung in ALLPLAN

Um die Planung so effizient und gleichzeitig so präzise wie möglich zu gestalten, bedient sich KREBS+KIEFER unter anderem der umfangreichen Möglichkeiten von ALLPLAN für parametrisches Planen. So dürfte im Laufe des Projekts wohl insbesondere ALLPLAN Civil noch häufig zum Einsatz kommen. Viele der bislang verwendeten Planungswerkzeuge hat das Büro allerdings für seine individuellen Zwecke mithilfe von Visual Scripting selbst „gebaut“. Diese PythonParts zeigen eindrücklich, dass sich findige Ingenieur:innen mit ALLPLAN bei Bedarf auch eigene äußerst leistungsstarke Lösungen schaffen können.

Bauwerksstruktur

Eine wichtige Voraussetzung für die projektübergreifende Zusammenarbeit in OpenBIM via IFC-Schnittstelle ist eine Bauwerksstruktur mit festgelegten Strukturstufen. KREBS+KIEFER nutzt daher die Funktion Bauwerksstruktur in ALLPLAN, um diese gemäß den projektspezifischen Anforderungen sowie den BIM-Vorgaben des Auftraggebers in ALLPLAN vorzudefinieren. So wird beim Export von Modellen als IFC die im BAP (BIM-Abwicklungsplan) festgelegte Struktur gewährleistet.

PythonPart für automatisierte Attribuierung

Erst die Attribuierung macht ein Modell zu einem intelligenten BIM-Modell. KREBS+KIEFER verwendet selbsterstellte PythonParts, um die Attribute den jeweiligen Bauteilen automatisiert zuzuweisen. Die Informationen werden dabei aus Excel-Tabellen bezogen, die mit den benötigten SOM-konformen Attributlisten gefüllt wurden. Gleichsam lassen sich zur Qualitätsprüfung bereits in den Bauteilen angelegte Attribute in eine Excel-Tabelle exportieren, prüfen und anschließend „reimportieren“. Das schafft zusätzliche Sicherheit und einen besseren Überblick über das Projekt.

Informationen intelligent filtern und zuweisen über Objektpalette

Angesichts der gewaltigen Informationsdichte von BIM-Modellen ist insbesondere bei Großprojekten wie der Reaktivierung der Siemensbahn ein intelligentes Filtern und Zuweisen von Informationen von großem Wert. KREBS+KIEFER nutzt die Objektpalette in ALLPLAN, um Projektinformationen gezielt ein- und auszublenden oder flexibel anzuordnen. Dadurch gestaltet sich die Kontrolle von Projektdaten deutlich flüssiger, präziser und effizienter. Gerade bei Aufgaben wie dem teilbildübergreifenden Ändern sämtlicher Texte oder dem schnellen Ausblenden aller Beschriftungen (Texte und Maßketten) bietet die Objektpalette praxisnahe und zeitsparende Lösungen. Gleichsam ist die Möglichkeit, Favoriten anzulegen, bei der Bearbeitung großer Projekte mit mehreren ALLPLAN-Anwender:innen besonders wichtig, da so konsistente Arbeitsabläufe und eine effiziente Zusammenarbeit im Team unterstützt werden.

Geländer-Tool

Ein Werkzeug, das bei einem Projekt wie der Siemensbahn-Reaktivierung nicht fehlen darf, ist das parametrische Geländer-Tool in ALLPLAN. Dieses erweist sich gerade bei Geländern, die nach einem bestimmten Regelwerk wie der RIL-Gel erstellt werden müssen, als besonders nützlich. Es reicht, das Geländer einmalig mit den passenden Parametern zu konfigurieren und als Favorit zu speichern, um es anschließend bei Bedarf an beliebigen Stellen wiederzuverwenden. Zugleich können über das Geländer-Tool standardisierte Bauteile aus Bibliotheken nachträglich angepasst sowie Geländerachsen flexibel definiert werden. Dadurch eignet es sich sowohl für Standardanwendungen als auch für individuelle Anforderungen.

Tipp: Da sich nahezu jedes Profil als „Handlauf“ oder „Pfosten“ definieren lässt, umfasst der Einsatzbereich des Geländer-Tools weit mehr als bloße Geländer. Über das hilfreiche Werkzeug kann ebenso ein beliebiges Profil entlang eines Pfades extrudiert oder kopiert werden.

Erweiterter PythonPart „Bohrpfahlwand“

Das PythonPart „Bohrpfahlwand“ in ALLPLAN vereinfacht die Modellierung anspruchsvoller Stützwände dieser Art erheblich. Dank der Möglichkeit, automatische und assoziative Beschriftungen und Bemaßungen zu generieren, gestaltet sich der Arbeitsprozess deutlich effizienter. Ein wesentlicher Vorteil liegt in der flexiblen Anpassbarkeit. So können die Parameter der Bohrpfahlwand jederzeit geändert und individuell angepasst werden. Das spart eine Menge Zeit und Aufwand, da bei der klassischen 3D-Freimodellierung jede Änderung einer nahezu vollständigen Neumodellierung gleichkommt.

Im PythonPart selbst bietet der Reiter „Information“ die Möglichkeit, Betoneigenschaften, Leerbohrungen sowie den IFC-Objekttyp auszuwählen oder anzupassen. Darüber hinaus ermöglicht der Reiter „Darstellung“ eine gezielte Konfiguration der Formate für Texte, Geometrien und Maßlinien. KREBS+KIEFER verwendet bei der Reaktivierung der Siemensbahn eine eigens erweiterte Version des Standard-PythonParts, die durch eine Betonausfachung ergänzt wurde.

PythonPart „ÜKO nach DB-RIL“

Eine weitere enorme Arbeitserleichterung hat das Ingenieurbüro speziell für das Projekt per Visual Scripting in ALLPLAN selbst programmiert: ein PythonPart, mit dem sich Quer- und Längsfugen parametrisch modellieren lassen. Dieses Tool spart nicht nur Zeit und Aufwand, es gewährleistet gleichzeitig hohe Qualität und Präzision in der Konstruktion. Das selbst erstellte PythonPart umfasst dabei neben den standardisierten ÜKOs gemäß DB-RIL auch die Möglichkeit, abweichende Parameter flexibel zu definieren. ALLPLAN-Anwender:innen können die ÜKO-3D-Achse jederzeit auswählen, per Mausklick festlegen oder auch nachträglich anpassen – was den Arbeitsprozess zusätzlich beschleunigt und vereinfacht.

PythonPart „XY Extrudieren entlang 3D-Pfad“

Eine der hilfreichsten Funktionen beim Modellieren von Infrastrukturbauwerken in ALLPLAN ist „Extrudieren entlang Pfad“. Diese setzt allerdings eine präzise orthogonale Positionierung des Profils zur 3D-Achse voraus, was in der Praxis oft eine Herausforderung darstellt. Gerade bei speziellen DB-RIL-Übergangkonstruktionen, der nachrichtlichen Modellierung von Böschungen oder den Kopfbalken einer Bohrpfahlwand zeigt sich der Mehrwert eines Querschnitts- beziehungsweise Profilmanagers.

KREBS+KIEFER nutzt im Projekt diese selbst erstellten PythonParts, um individuelle Profile entweder per Mausklick zu definieren oder einen zuvor in 2D gezeichneten Querschnitt (Polygon) auszuwählen. In beiden Fällen – sowohl bei der Querschnittsdefinition als auch bei der Festlegung der 3D-Achse – bietet die Parametrisierung den entscheidenden Vorteil, dass Anpassungen jederzeit flexibel vorgenommen werden können. Daraus ergibt sich ein durchgehend effizienter, flüssiger Arbeitsablauf – auch bei komplexen oder unkonventionellen Konstruktionsaufgaben.

PythonPart „Lichtraumprofil nach RIL

Eine weiterentwickelte Variante des oben erwähnten PythonParts „XY Extrudieren entlang 3D-Pfad“ bestimmt zusätzlich das Profil auf Basis von Parametern aus der DB-RIL für Lichtraumprofile sowie allgemeinen Trassierungsparametern. Neben den beiden Haupt-Standardbildern der DB-RIL bietet dieses Tool die Möglichkeit, auf Grundlage der eingegebenen Parameterwerte vollständige Individualisierungen für Sonderfälle vorzunehmen. So lassen sich auch außergewöhnliche Anforderungen flexibel und präzise umsetzen.