Wallisellenstrasse: Straßenbau in Zürich mit 100 Prozent BIM

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Die Wallisellenstrasse ist das bislang größte Projekt in Zürich, das zu hundert Prozent mit BIM umgesetzt wurde. Daraus ergeben sich zahlreiche Mehrwerte – auch für die Zukunft.

Auch wenn Building Information Modeling bereits seit Jahrzehnten existiert, ist die Anwendung der BIM-Methodik längst nicht flächendeckend. Insbesondere im Straßenbau tun sich, trotz der enormen Mehrwerte, noch immer digitale Lücken auf. Projekte, die obendrein „BIM2Field“ umgesetzt werden, haben gar vielfach noch Pilotenstatus. Die kürzlich fertiggestellte Wallisellenstrasse in Zürich ist eines davon. Mit einer Länge von rund 700 Metern ist sie das bislang größte Zürcher Straßenbau- und Werkleitungsprojekt, das komplett mit BIM durchgeführt wurde. Für die Planung zeichnete sich die Hans H. Moser AG verantwortlich. Technisch unterstützt wurde das Büro dabei durch die BIMovation AG und ALLPLAN Schweiz.

Die Hans H. Moser AG wurde 1976 gegründet und hat ihren Ursprung im klassischen Infrastruktur- beziehungsweise Straßen- und Werkleitungsbau. In den letzten zehn Jahren hat sich das mittelständische Büro intensiv weiterentwickelt und sein Leistungsportfolio noch auf Siedlungsentwässerung, Sportanlagenbau und Hochbau ausgeweitet. Um sich in der BIM-basierten Planung führend positionieren zu können, arbeiten die Ingenieur:innen eng mit der auf BIM-Modellierung spezialisierten BIMovation AG von Patrick Meili zusammen. So auch beim Projekt Wallisellenstrasse. Neben der eigentlichen Straße umfasst das Bauvorhaben die Erneuerung und den Neubau von Werkleitungen, Kanalisation und Frischwasseranlagen.

BIM beim Projekt Wallisellenstrasse

Der durchgängigen Anwendung von BIM in der Wallisellenstrasse lagen verschiedene Zielsetzungen zugrunde. Zunächst galt es, alle relevanten Daten der bestehenden Straße digital zu erfassen, um von Beginn an für eine hundertprozentige Planungstransparenz zu sorgen. Anschließend sollte das Projekt dementsprechend klar strukturiert modelliert werden. Dies sollte unter anderem das ausführende Unternehmen dazu befähigen, maschinengesteuert zu bauen sowie digitale Plandaten vor Ort abzurufen und präzise Mengenberechnungen durchzuführen. Das übergeordnete Ziel bestand darin, dass alle Projektbeteiligten auf Grundlage einer gemeinsamen „Sprache“ (BIM) das Bauvorhaben abwickelten.

Welche Vorteile sich daraus ergeben, lässt sich anhand von fünf Anwendungsfällen aufzeigen:

1. Gemeinsame Datenplattform

2. Einfache Mengenermittlung

3. Informationsmanagement

4. Kommunikation am Modell

5. Baufortschritts-Tracking

Modellierung

Die Modellierung erfolgte in ALLPLAN. Neben üblichen Tiefbau-Tools wie ALLPLAN Road und dem Geländemanager kamen dabei auch Hochbau-Werkzeuge wie Architekturbauteile oder der Ebenenmanager zum Einsatz. Die verschiedenen Teilmodelle (Projekt, Bestand, Abbruch, temporäre Strukturen etc.) wurden via BIMPLUS in ein Gesamtmodell überführt. Je nach Bedarf konnten über die cloudbasierte BIM-Plattform für die Planung oder Ausführung relevante Bereiche (wie einzelne Modelle oder bestimmte Bauteile) gezielt ein- und ausgeblendet werden, was die Übersicht und Transparenz enorm verbesserte.

Mengenermittlung

Die durchgängige Planung mit BIM ermöglichte es den Projektbeteiligten, exakte Mengen aus dem Modell zu ermitteln. So ließen sich etwa für die Bestellung von Fertigbauteilen wie Rohren deren genaue Maße mit einem Klick einsehen. Zugleich waren die Bauteile um weitere wichtige Informationen wie etwa Gefälle bei Leitungen oder Nummern und Schachttypen bei Schächten angereichert.

Informationsmanagement

Manche Arbeiten lassen sich geometrisch kaum darstellen. In solchen Situationen setzten Hans H. Moser und BIMovation auf Informationen in Form einer Attribuierung. So wurde zum Beispiel für den Abbruch eines Schachtes um 1,5 Meter die betreffende Stelle im Modell mit einem 3D-Ausrufezeichen markiert und die zu erledigende Aufgabe als Text-Information hinterlegt. Damit lag dem ausführenden Unternehmen (KIBAG) eine klare Handlungsanweisung direkt aus dem Modell vor.

Schnittableitungen

Ein weiterer Mehrwert der BIM-Modellierung besteht in der flexiblen Erstellung von Schnitten – sowohl im Planungsbüro als auch auf der Baustelle. So ließen sich an jeder beliebigen Stelle Quer- oder Längsprofile definieren. Innerhalb des Schnitts konnten wiederum präzise Messungen vorgenommen werden (zum Beispiel die Grabentiefe bis OK Sauberkeitsschicht). Ebenso war es möglich, Schnitte abzuspeichern, um sie zu einem späteren Zeitpunkt wiederzuverwenden.

Baufortschritt-Tracking

Über BIMPLUS konnten die Ingenieur:innen auch den Baufortschritt von Anfang bis Ende tracken. Hierzu wurde durch Patrick Meili eine Struktur im Multi-Modell-Manager angelegt, die monatsweise gegliedert ist. Dadurch wird der Bauablauf so abgebildet, dass nachvollzogen werden kann, welche Baumaßnahmen in einem bestimmten Monat erfolgt sind. Das funktioniert übrigens auch andersherum: Die Struktur wurde gleichsam stets um zwei Monate im Voraus erweitert, um darzustellen, was in diesem Zeitraum gebaut werden musste.

Bleibender Mehrwert durch digitalen Zwilling

Nicht zuletzt ist durch die rigoros BIM-basierte Planung ein digitaler Zwilling der Wallisellenstrasse entstanden, die sämtlichen Bestandteile der Straße umfasst, einschließlich bestehender und neuer Werkleitungen. So lässt sich bei künftigen Instandhaltungsmaßnahmen oder anderen Straßenarbeiten genau bestimmen, was sich genau an welcher Stelle „unter dem Asphalt“ befindet. Ein enormer Mehrwert für die Zukunft.