Die 3D-Druck-Technologie läutet eine Revolution in der Bauindustrie ein: Gebäude, die heute noch in schweißtreibender Handwerksarbeit entstehen, könnten künftig Schicht für Schicht aus dem Drucker wachsen. Das kostspielige Lebensprojekt Eigenheim wird damit zum kalkulierbaren und individuell gestaltbaren Vorhaben. Ambitionierte Bauprojekte – etwa die erste erdbebensichere Villa aus dem 3D-Drucker in China – sorgen seit Jahren für Aufsehen und gewähren Einblicke in die Baukunst von morgen.
Während bislang vor allem Materialien wie Beton, Metall oder Kunststoff verwendet wurden, rückt zunehmend ein nachwachsender Werkstoff in den Fokus: Holz. Mit dem 3D-Druck des Naturmaterials erschließen sich völlig neue Möglichkeiten für nachhaltiges Bauen – eine Entwicklung, die Architektur-Szene und Umwelt gleichermaßen positiv beeinflussen kann.
3D-Druck-Verfahren mit Holz für nachhaltiges Bauen
Noch immer erfordert der 3D-Druck mit natürlichen Werkstoffen wie Holz intensive Forschung und Entwicklung, insbesondere im Hinblick auf Tragfähigkeit und Materialbeständigkeit. Doch die Fortschritte sind vielversprechend: Gelingt es, die ökologischen Vorteile von Holz mit der Effizienz additiver Fertigung zu verbinden, eröffnet der Holz-3D-Druck der Bauindustrie völlig neue Perspektiven.
Individualisierung und Designfreiheit, einfache Reproduzierbarkeit, Kosteneffizienz sowie Umweltfreundlichkeit zählen zu den überzeugenden Argumenten für die Technologie. Auch der Materialeinsatz ist äußerst ressourcenschonend – beim 3D-Druck mit Holz wird nur die tatsächlich benötigte Menge verarbeitet, was Abfall nahezu vermeidet.
Der Werkstoff Holz bietet zudem einen hervorragenden Wärmeschutz und ist dadurch besonders energieeffizient. Der nachwachsende Rohstoff mit seiner langen Lebensdauer und Flexibilität ist aus diesem Grund besonders für nachhaltige Bauprojekte interessant. Projekte rund um das Bauen mit Bambus oder Holz zeigen, wie sich Naturmaterialien und moderne Technologien sinnvoll verbinden lassen – ein Ansatz, der auch den 3D-Holzdruck langfristig prägen dürfte.
Forschung und Entwicklung: Von Laywoo‑D3 bis Holz in Reinform
Die additive Fertigung mit natürlichen Werkstoffen ist ein dynamisches Forschungsfeld – insbesondere im Hinblick auf Belastbarkeit, Formstabilität und Materialreinheit. Der 3D-Druck mit Holz steht dabei an vorderster Front, da der Werkstoff ökologisch überzeugt und eine überraschend vielseitige Formbarkeit besitzt. Ziel ist es, filigrane wie tragende Elemente herstellen zu können – mit einem möglichst hohen Anteil an nachwachsenden Rohstoffen.
„Laywoo D3“ – ein Holzfilament aus dem 3D-Drucker
Im Fokus der Forschung mit Holz im 3D-Druckverfahren stehen vor allem die Bereiche Innenausbau, Möbel und Bauelemente. Erste vielversprechende Projekte gibt es bereits: So wurde von Ingenieur Kai Parthy das Holzfilament „Laywoo-D3“ entwickelt. Es enthält recycelte Holzanteile von 15 bis 40 Prozent Gewicht. Optisch ist das Filament kaum von echtem Holz zu unterscheiden. Auch der charakteristische Geruch ist gegeben. Es kann bei einer Temperatur zwischen 175 und 250 Grad gedruckt werden. Die Gradzahl entscheidet dabei über die Farbgebung – je mehr Hitzeeinwirkung während des Druckvorgangs entsteht, desto dunkler das Ergebnis. So lassen sich beim 3D-Druck in Holzoptik unter anderem Jahresringe imitieren.
Die Weiterentwicklung Laywoo-Flex hat dem Holzfilament Laywoo-D3 zusätzliche Flexibilität verliehen: Das 3D-druckbare Filament hat die Biegsamkeit frischer Äste – ganz ohne den künstlichen Eindruck eines gummiartigen Materials. Damit erweitert sich der Einsatzbereich des 3D-Drucks mit Holz um flexible Anwendungen, etwa im Möbeldesign oder bei funktionalen Prototypen. Trotz der vielversprechenden Ansätze ist es noch ein forschungsintensiver Weg, bis es möglich ist, Holz in Reinform zu drucken.
Weitere Forschungsansätze
Forschende weltweit treiben den 3D-Druck mit Holz weiter voran – insbesondere im Bereich adaptiver, biobasierter und materialintelligenter Anwendungen. Der Fokus liegt dabei neben der Optimierung des Filaments auch auf neuen Funktionsprinzipien und natürlichen Verstärkungsprozessen.
> MIT – hygroskopisch aktive Komposite: Das Self‑Assembly Lab am Massachusetts Institute of Technology (MIT) experimentiert mit 3D-gedruckten Holz‑PLA‑Strukturen, die sich durch Feuchtigkeitsveränderung selbstständig verformen (4D-Druck). Die programmierten Platten zeigen eine kontrollierte Krümmung oder Faltung – ohne Motoren oder Strom, allein durch passive Einflüsse. Solche Materialien könnten dynamisch auf klimatische Bedingungen reagieren – etwa für adaptive Fassaden oder modulare Innenraumdesigns.
> IAM – Mycelium trifft Holz: In Projekten wie „MyCera“ des Instituts für Architektur und Medien (IAM) der TU Graz wird 3D-gedruckter Holz‑Lehm‑Schaum mit Pilzmycel kombiniert. Das Mycelium wächst aktiv in die Struktur ein, verbindet einzelne Komponenten und härtet das Gesamtsystem auf natürliche Weise aus. Ziel ist es, neue Materialien zu schaffen, die biologisch abbaubar, formstabil und lasttragend sind.
> IHD Dresden – Holzanteile bis 90 Prozent: Das Institut für Holztechnologie Dresden entwickelt Filamente mit einem hohen Holzanteil von bis zu 90 Prozent, die fast vollständig auf fossile Polymere verzichten. Zum Einsatz kommt eine Kombination aus feinstem Holzmehl und biologisch abbaubarem Trägermaterial, verarbeitet im Fused Filament Fabrication (FFF)-Verfahren. Ziel ist ein 3D-Holzdruck, der dem Rohstoff Holz so nahe wie möglich kommt – sowohl ökologisch als auch in seiner Materialwirkung.
Diese Projekte zeigen, dass Holz im 3D-Druck längst kein Nischenmaterial mehr ist. Es wird intelligent, reaktionsfähig und biologisch aktiv. Damit erweitert sich das Einsatzspektrum über die reine Formgebung hinaus – hin zu nachhaltigen, lernfähigen Materialien, die die sich an ihre Umgebung anpassen können.
Anwendungsfelder: Innenausbau, Design und Biostrukturen
In ersten praktischen Einsatzfeldern kommt der 3D-Druck mit Holz bereits heute zum Tragen – vor allem in Design, Möbelbau und Innenarchitektur. Holz-PLA-Filamente ermöglichen detailreiche, ästhetisch ansprechende Objekte mit echter Holzstruktur.
> Innenausbau & Möbel: Zahlreiche Designer nutzen den 3D-Holzdruck, um maßgefertigte Verbindungselemente, Zierelemente oder modulare Möbelteile zu fertigen. 3D-gedruckte PLA-Konnektoren verbinden Holzplatten sicher und stabil – ein Ansatz, der im Prototypenbau und in Kleinserienfertigung bewährt hat.
> Dekoration: Demonstratoren wie Vasen, Schalen und Raumtrenner entstehen aus der Komibation von 3D-gedrucktem Holz-Lehm mit Pilzmycel. Diese biologisch verstärkten Objekte sind formstabil, vollständig kompostierbar und ein Beispiel dafür, wie sich organische Materialien durch additive Fertigung funktional nutzen lassen.
Dank dieser realen Anwendungen wird deutlich, wie groß das kreative und funktionale Potenzial des 3D-Drucks mit Holz bereits heute ist. In Bereichen wie Gestaltung, Prototyping und biobasierter Produktentwicklung eröffnet er neue Wege – nachhaltig, formflexibel und mit gestalterischem Mehrwert.
Vergleich: Holz im Wettbewerb mit Carbon und Co.
Der 3D-Druck mit Holz ergänzt eine wachsende Bandbreite an Materialien im digitalen Bauwesen. Während natürliche Werkstoffe vor allem im Hinblick auf Nachhaltigkeit überzeugen, eröffnen technologische Innovationen wie Carbonbeton neue Möglichkeiten für besonders leistungsfähige Strukturen. Holz positioniert sich dabei als ökologischer Gegenentwurf – flexibel, nachwachsend und gestalterisch vielseitig.
Carbon im 3D-Druck: Leicht, stabil, leistungsstark
Carbonbeton gewinnt als Werkstoff für additive Verfahren in der Bauindustrie deutlich an Bedeutung. Ein bemerkenswertes Beispiel ist das ressourcenschonende Düsenverfahren der Universität Augsburg. Dabei werden Carbon-Kurzfasern in zementäre Baustoffe eingebracht, was dem Material – FIBRACRETE – enorme Festigkeit verleiht. Carbonfasern halten hohen Belastungen stand und sind im Vergleich zu Stahl etwa 80 Prozent leichter. Der Grundstein des neuen Forschungsgebäudes „Materials Resource Management“ (MRM) in Augsburg wurde bereits aus FIBRACRETE gelegt – gedruckt mit 3D-Technologie.
Holz im Vergleich: Natürlich, wandelbar, ressourcenschonend
Im Vergleich zu Carbon überzeugt Holz im 3D-Druck vor allem ökologisch: Es ist nachwachsend, CO₂-speichernd, recycelbar und in der Verarbeitung deutlich energieeffizienter. Durch seine natürliche Textur und warme Anmutung bietet Holz zudem gestalterische Vorteile – besonders im Innenausbau und bei architektonischen Details.
Zwar erreicht Holzfilament nicht die Festigkeit von Carbonfaser, doch in nichttragenden Bereichen ist es eine ressourcenschonende Alternative. Gerade bei individuellen Designlösungen, Oberflächen und modularen Elementen spielt Holz im 3D-Druck seine Stärken aus.
Ausblick: Wohin entwickelt sich der 3D-Druck mit Holz?
Der 3D-Druck mit Holz wird sich in den nächsten Jahren zunehmend von dekorativen Nischenanwendungen hin zu funktionalen Lösungen im Design- und Bausektor entwickeln. Im Bereich Innenarchitektur, Möbeldesign und individueller Kleinserien bietet das Verfahren durch seine gestalterische Vielfalt, Nachhaltigkeit und einfache Nachbearbeitung großes Potenzial.
Mit wachsender Materialqualität rücken auch neue Einsatzbereiche in den Fokus. Filamente mit bis zu 90 Prozent Holzanteil – wie sie derzeit am IHD Dresden erprobt werden – könnten mittelfristig die Brücke schlagen zwischen gestalterischem Anspruch und technischer Belastbarkeit. Perspektivisch gewinnen zudem hybride Materialverbünde an Relevanz, etwa durch die Kombination von Holz mit Mycelium, Lehm oder Carbon. Erste Forschungsprojekte deuten an, wie sich natürliche und technische Werkstoffe zu zukunftsfähigen Baukomponenten vereinen lassen.
Langfristig sind modulare Systeme aus 3D-gedrucktem Holz denkbar – für leichte Trennwände, temporäre Bauten oder adaptive Fassadenelemente. Dabei geht es nicht darum, konventionelle Baustoffe zu ersetzen, sondern sie gezielt zu ergänzen. Holz bringt als digital verarbeitbarer Rohstoff die Qualitäten mit, die eine nachhaltigere, ressourcenschonendere Architektur braucht: ökologisch, flexibel und gestalterisch anpassbar.
Fazit: Holz-3D-Druck als Teil der Bauwende
Die additive Fertigung eröffnet dem natürlichen Werkstoff Holz neue Anwendungsfelder – von der formflexiblen Gestaltung bis zur ressourcenschonenden Produktion. Der 3D-Druck mit Holz steht exemplarisch für die Transformation im Bausektor: weg von energieintensiven Materialien, hin zu biobasierten, digitalen und individuell planbaren Lösungen.
Zwar befindet sich die Entwicklung tragfähiger Holzfilamente und belastbarer Komposite noch in der Forschung, doch erste Anwendungen und Pilotprojekte zeigen bereits, wie groß das Potenzial ist. Ob modulare Innenraumelemente, biologisch inspirierte Fassadenteile oder biologisch abbaubare Designobjekte – Holz kann im 3D-Druck mehr als nur Holzoptik.
Als ökologische Ergänzung zu konventionellen Baustoffen bringt der 3D-Holzdruck neue Perspektiven in die Architektur: flexibel, nachhaltig und digital präzise – ein echter Zukunftsbaukasten für das Bauen der Zukunft.




