Architektur und Public Diplomacy: Botschaftsgebäude als Repräsentanten der nationalen Identität

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Seit dem 19. Jahrhundert errichten Nationen in anderen Ländern spezifische Botschaftsgebäude, die mehr als nur Fassade sind. Sie transportieren eine vielschichtige Botschaft und repräsentieren vor allem die eigene Identität als Entsendestaat und die Wahrnehmung im Empfangsstaat, aber auch die Beziehungen der beiden Länder untereinander. Mit dem Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin Ende der 1990er Jahre entstanden auch neue Ländervertretungen in der Hauptstadt südlich des Tiergartens. Die Botschaftsgebäude von Skandinavien und Mexiko schauen wir uns in diesem Beitrag genauer an.

Verbundenheit und Individualität der Skandinavier

Den Anfang machten die nordeuropäischen Länder Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland und Island im Jahr 1999. Sie wollten im neuen Botschaftsgebäude einerseits ihre Verbundenheit untereinander zum Ausdruck bringen, andererseits ausreichend Platz für eine individuelle Gestaltung lassen. So entstand der Gebäudekomplex der nordischen Botschaften, der das moderne skandinavische Design repräsentiert und durch ästhetische Einheit beeindruckt.

Die Botschaft eines modernen mexikanischen Staates

Im Jahr 2000 eröffnete die mexikanische Botschaft mitten in Berlin, dem „Ort der Avantgarde“. So sehen die Mexikaner die bundesdeutsche Hauptstadt – und das neue Gebäude sollte genau diesen Geist widerspiegeln. Die Gewinner der damaligen Ausschreibung, Teodoro González de Léon und Francisco J. Serrano y Alvarez de la Rosa, griffen die typischen Eigenschaften der mexikanischen Architektur auf: Die einzelnen Elemente sind kraftvoll strukturiert, die Präsentationsräume groß und offen.

Eine Architektur in der Tradition von Le Corbusier

Die 18 Meter hohe Fassade aus teilweise schräg gestellten Betonstützen sticht dabei besonders hervor. Jede der 40 Stützen verfügt über einen anderen Querschnitt. Die Glasfassade hinter den Säulen ermöglicht vielfältige Einblicke. Hinter dem eher schmal gestalteten Haupteingang verbirgt sich das Atrium. In seiner zylindrischen Form nimmt es Bezug auf das Observatorium der antiken Stätte der Mayas – Chichén Itzá. Darüber hinaus beherbergt der weitläufige Dachgarten eine typisch mittelamerikanische Flora.

Das Botschaftsgebäude ist von einem auffällig strukturierten Betonband umgeben, das weiß leuchtet. Grund dafür ist ein Spezialsichtbeton, der mit Marmorstückchen und gemahlenem Marmor angereichert ist. Anschließend wurden die Oberflächen in Handarbeit mit dem Stemmhammer gestockt. Mexiko will sich mit diesem Bauwerk in der Tradition Le Corbusiers als modernes Land präsentieren, das ohne Folklore auskommt.

Neue Herausforderungen beim Bau von Botschaften

Die kulturelle Identität, die durch die Botschaftsgebäude vermittelt werden soll, hat in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen. Seit der Globalisierung dienen diese Institutionen immer weniger dem Austausch von Informationen und Berichten als vielmehr allein der Repräsentation. „Public Diplomacy“ heißt das neue Schlagwort: Die Staaten vermarkten sich durch ihre Ländervertretungen in der breiten Öffentlichkeit, um ihr Ansehen weltweit zu erhöhen. Sie schaffen eine Art „National Identity“ analog zur „Corporate Identity“ von Unternehmen. Wie letztgenannte in der Architektur umgesetzt wird, erfahren Sie in unserem Beitrag „Architektur als Statement: Wenn Bauwerke zur Marken-Identität werden“.