Harrer Ingenieure testen an einer neuen Fertigteilbrücke im Ahrtal die Vorzüge von ALLPLAN Civil in der statischen Berechnung und Bemessung – und zeigen sich mehr als zufrieden.
Das Jahrhunderthochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen von 2021 zählt zu den größten Naturkatastrophen der jüngeren deutschen Geschichte. 135 Menschen starben damals allein entlang der Ahr, einem linken Nebenfluss des Rheins. Zugleich wurden über 9.000 Gebäude sowie ein beträchtlicher Teil der Infrastruktur im Ahrtal zerstört, darunter mehr als 100 Brücken. Der milliardenschwere Wiederaufbau hält bis heute an. Beim Ersatzneubau einer betroffenen Fuß- und Radwegbrücke zeichnen Harrer Ingenieure für die bautechnische Prüfung verantwortlich. Das Ingenieurbüro mit Standorten in Karlsruhe, Ostfildern und Baden-Baden testete dabei die Möglichkeiten der integrierten statischen Berechnung und Bemessung in ALLPLAN Civil.
Vorgespanntes Fertigteil mit Ortbetonquerträgern und -platte
Die Fuß- und Radwegbrücke verläuft parallel zu einer ebenfalls neu zu errichtenden Eisenbahnüberführung, wobei sich beide Brücken jeweils die Auflager und Pfeiler teilen. Das Bauwerk, das auf gerader Strecke verläuft, erstreckt sich über drei Felder mit Einzelstützweiten von 22,037, 27 und 18,223 Metern. Konstruktiv handelt es sich um einen einstegigen Plattenbalken, der als vorgespanntes Fertigteil mit Ortbetonquerträgern und -platte konzipiert ist. Der gesamte Überbau wird in jeder Achse auf zwei Elastomerlagern zwängungsfrei und statisch bestimmt gelagert. Aus der 25 Zentimeter hohen Ortbetonplatte und den 85 Zentimeter starken Fertigteilen ergibt sich eine konstante Bauhöhe von 1,10 Metern. Um im Hochwasserfall eine geringstmögliche Angriffsfläche zu bieten, wird der Querschnitt strömungsgünstig ausgeführt.
Die Spannglieder – jeweils drei in den äußeren Fertigteilen sowie vier im mittleren – verlaufen annähernd parabelförmig über die Feldlänge und sind somit an den Momentenverlauf angepasst. Die Vorspannung erfolgt nachträglich, Hüllrohre werden anschließend verpresst. In Querrichtung erfolgt keine Vorspannung des Überbaus. Zudem verlaufen die Spannglieder ausschließlich im Feld, nicht über die Stützen. Die Fertigteile werden auf einer Montagehilfskonstruktion abgelegt, wodurch sich nach Betonage der Ortbetonplatte und Querträger das statische System von einem Einfeldträger- zu einem Durchlaufträgersystem ändert.
Modellierung und statische Bemessung in ALLPLAN Civil
Für die Erstellung des Berechnungsmodells nutzten Harrer Ingenieure ALLPLAN Civil, einschließlich neuer Funktionen von ALLPLAN 2025 wie der Python-Part-Bewehrung. Als Planungsgrundlage diente die Ausführungsplanung des verantwortlichen Ingenieurbüros SSF Ingenieure. Der Workflow gestaltete sich dabei folgendermaßen:
Die Achsen der Pfeiler wurden im Grundriss gedreht, woraus sich eine variierende Geometrie der Träger ergab. Für den Hauptquerschnitt definierten Harrer Ingenieure Randlinien und Arbeitsfugen sowie Hauptbewehrungsgruppen samt entsprechender Python-Parts für die automatische Bewehrungsgenerierung in ALLPLAN Engineering. Die parametrische Modellierung erlaubte eine präzise Abbildung der Geometrie und bildete damit die Grundlage für eine möglichst exakte statische Berechnung und Bemessung. Gleichsam konnten temporäre und permanente Auflager einfach konfiguriert werden. Bei den Spanngliedern, die aufgrund der sich ändernden Trägerformen jeweils eigene Geometrien aufweisen, erfolgte die Materialdefinition manuell nach statischen Anforderungen. Auf diese Weise ließen sich sowohl Fertigteile als auch der Verbundzustand berechnen und unterschiedliche Spannvorgänge berücksichtigen.
In den Bauphasen wurden die relevanten Lasten erfasst, wobei Visualisierungen die korrekte Platzierung erleichterten. Anschließend wurden automatisch Lastkombinationen erzeugt und die Ergebnisse wie Schnittgrößen, Verschiebungen und Bewehrungsangaben übersichtlich in Diagrammen und Tabellen ausgegeben. Der abschließende Bemessungsnachweis mit direkten Normverweisen erleichterte die Nachweisführung und Berichtserstellung erheblich.
Parametrische Planung vereinfacht schnelle Modellierung
Harrer Ingenieure ziehen ein durchweg positives Fazit aus ihrer Arbeit mit ALLPLAN Civil. „Die parametrische und achsbasierte Planung in ALLPLAN Civil vereinfacht nachträgliche Änderungen und eine schnelle Modellierung“, resümiert Vincent Olfers, Bauingenieur bei Harrer. „Durch die Integration der statischen Bemessungssoftware in die ALLPLAN-Umgebung ist die Schnittstelle zwischen Planung und Bemessung noch einmal erheblich vereinfacht worden.“
Dank der einfacheren Zusammenarbeit der verschiedenen Planungsphasen könnten laut Vincent Olfers nun Änderungen und Anpassungen der Geometrie über den gesamten Arbeitsprozess hinweg besser und leichter berücksichtigt werden. Gleichsam werde mithilfe von ALLPLAN Civil auch die BIM-konforme Planung vereinfacht und verbessert. Einen weiteren Mehrwert bilde die spezielle Eingabe – zum Beispiel der Lasten –, über die sich zusätzlich Bauabläufe oder Bauablaufdiagramme erstellen ließen.




