Zahlreiche positive Erkenntnisse zieht die KIBAG aus einem BIM-Pilotprojekt in Zürich, bei dem (fast) ausschließlich modellbasiert gearbeitet wurde.
Mit rund 60 Standorten und circa 2.000 Mitarbeitenden ist die KIBAG eines der führenden Unternehmen im Schweizer Bau- und Baustoffgewerbe. Der beinahe hundertjährige Familienbetrieb ist dabei breit aufgestellt: Neben 14 Kies- und 25 Betonwerken führt die KIBAG 17 Bau-, Spezial- und Servicebetriebe mit einem umfangreichen Portfolio an Bauleistungen. Bei letzteren nimmt die KIBAG Infra als zentrales technisches Büro eine entscheidende Rolle ein. Auf dem Build the Future ALLPLAN Summit 2024 zeigte Daniel Hasler (Bauingenieur SIA / Projektleiter) anhand eines Pilotprojekts, welche Erkenntnisse das Büro mittlerweile aus einer (fast) durchgängigen Anwendung von BIM im Spezialtiefbau ziehen konnte.
Die KIBAG Infra arbeitet seit mehreren Jahren bereits zu einem hohen Grad mit BIM. An der Segantinistrasse in Zürich erfolgte die Realisierung jedoch erstmalig nahezu komplett modellbasiert. Bei dem Projekt handelt es sich um einen Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern samt Tiefgarage. Das Grundstück befindet sich in leichter Hanglage in einem stark bebauten Gebiet oberhalb der Stadt. Eine besondere ausführungstechnische Herausforderung stellte hier ein Damm dar, der zwischen den beiden Gebäuden verläuft. Aufgrund zuvor umgelegter Werkleitungen und eines Wegrechts für Dritte musste dieser verbleiben und in die Baugrubensicherung miteinbezogen werden.
BIM2Field, 3D-Maschinensteuerung, Materialbestellungen und Soll-Ist-Vergleiche
Für die Baugrubenplanung wurde von der Bauherrschaft ein Architekturmodell der Gebäude zur Verfügung gestellt, zusammen mit einem Vorschlag zur Baugrubensicherung. Letzteren entwickelte die KIBAG Infra zu einer ausgesteiften Trägerbohlwand weiter. Die konzeptuelle Planung während der Angebotsphase erfolgte – wie auch die statische Berechnung der Sicherung – zunächst standardmäßig mithilfe von 2D-Statikprogrammen ohne Bezug zum Modell. Allerdings konnten die maßgeblichen Nachweisschnitte nach einer ersten Modellierung bereits verifiziert werden.
Die Ausführung erfolgte BIM2Field über einen „BIM-Container“, was eine weitestgehend papierlose Baustelle ermöglichte. Der Container lässt sich bei jedem Wetter nutzen und einfach mit einem Bagger oder Kran (um-)platzieren. Dank des digitalen Planhauses konnte direkt vor Ort via Bimplus auf das Ausführungsmodell zugegriffen werden. Ein (aus dem Modell abgeleiteter) ausgedruckter Plan war lediglich als Backup vorhanden, kam jedoch ausschließlich bei Subunternehmer:innen zum Einsatz, die nicht speziell durch die KIBAG im Umgang mit dem Modell geschult worden waren. Anhand des Ausführungsmodells wurden darüber hinaus auch die 3D-Maschinensteuerungen für die Bagger aufbereitet sowie die Ausmaße für Materialbestellungen und ein Soll-Ist-Vergleich durchgeführt.
Neue Geländedaten per Drohne
Da auf dem sehr schlecht zugänglichen Grundstück kurz zuvor bereits zwei Gebäude abgerissen und unter anderem auch Werkleitungen neu verlegt worden waren, waren sowohl die öffentlichen Geodaten als auch die Bestandsdaten der Bauherrschaft nicht mehr aktuell. Aus diesem Grund wurden durch die KIBAG für die weitere Modellierung neue Geländeaufnahmen per Drohne erstellt. Auf Grundlage des Tragwerksmodells des Hochbauingenieurs, das auch die Umgebungsmauern umfasste, konnte die KIBAG Infra so die Baugrube mit der Unternehmervariante des Baugrubenschlusses modellieren.
Kommunikation über Bimplus
Während der Planung fand bei der KIBAG Infra ein reger Austausch zwischen dem Modellierer und dem Bauingenieur statt. Dies erfolgte ganz bewusst hauptsächlich digital über Bimplus, um für künftige Projekte eine ortsunabhängige Bearbeitung zu etablieren. In der Ausführungsplanung wurde zudem der Polier miteinbezogen, um zu definieren, was optimalerweise im Modell erkennbar sein und welche Informationen es umfassen sollte. So wurde etwa auf Wunsch des Poliers die Nummerierung der Träger per 3D-Text in das Modell integriert.
Erforderliche Maße oder Absteckungen konnte der Polier direkt über das Modell auslesen oder messen. Der Zugriff auf das Modell erfolgte dabei immer via Bimplus über den Container oder mobile Endgeräte (Tablet oder Smartphone). Bei Fragen wurde in erster Linie das Issue-Management in Bimplus genutzt. Gleichsam wurde der aktuelle Baustellenstatus über die BIM-Plattform erfasst, so dass die Bauleitung im Büro stets im Bilde über den Stand der Ausführung war.
So viel wie nötig, so wenig wie möglich – Learnings aus dem BIM-Pilotprojekt
Das modellbasierte Bauen (BIM2Field) kam beim leitenden Baustellenpersonal sehr gut an. Tatsächlich war der Polier vom Modell derart angetan, dass er sich auch gleich eine Modellierung der Werkleitungen wünschte, deren Planung ursprünglich in 2D vorgesehen war. Als ähnlich erfolgreich erwies sich die direkte Kommunikation über Bimplus zwischen den verantwortlichen Planer:innen und Ingenieur:innen. Neben diesem positiven Feedback der Beteiligten stellt Daniel Hasler drei konkrete Learnings aus dem Pilotprojekt heraus:
1. Jedes Bauteil, sei es die Sauberkeitsschicht aus Magerbeton, ein bestimmter Materialeinsatz oder auch deren Etappierung, ist zu modellieren, damit es entsprechend genutzt werden kann (beispielsweise im Fortschritts-Tracking).
2. Bestimmte Informationen, wie etwa die Nummerierung von Bauteilen oder Gefälleangaben, müssen direkt im Modell visuell ersichtlich sein (etwa als 3D-Text), um die Ausführung zu erleichtern. Dabei gilt jedoch: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.
3. Eine stabile Internetverbindung ist enorm wichtig, da Verbindungsunterbrechungen zu Problemen (wie unterschiedliche Planungsstände) in der cloudbasierten Kommunikation führen.
Perspektivisch will die KIBAG Infra ihre BIM-Anwendungen noch weiter ausbauen. Hierzu zählt insbesondere die Rückführung von Baustellendaten ins Modell oder auch eine Verknüpfung zwischen Modell und Kalkulation über eine einheitliche automatische Klassifizierung von IFC-Modellen.